Über die künstlerische Arbeit von Oliver R. Meschnig
Ein Text von Paula Marschalek.

Es gibt kein wahres Wissen ohne Bruch.
- Gilles Deleuze (Differenz und Wiederholung)

In der künstlerischen Praxis von Oliver R. Meschnig, geboren in Villach und seit 2003 in Wien lebend, manifestiert sich eine Synthese aus technischer Expertise, gesellschaftskritischer Reflexion und philosophischer Tiefenschärfe. Seine Entwicklung, die von einem technisch-naturwissenschaftlichen Hintergrund ihren Ausgang nahm, führte ihn über die Softwareentwicklung schließlich zur Philosophie. Elemente, die sich allesamt in seinem Schaffen widerspiegeln. Die Schnittstellen seiner beruflichen, wie theoretischen Erfahrungen werden zur Grundlage einer transdisziplinären Ästhetik. So bilden seine Kompositionen auf Papier und Leinwand expressive Assemblagen, die mit Neonfarben, gefundenem Material, Datenträgern und medialen Relikten verdichtet werden. Die verwendeten Artefakte fungieren dabei sowohl als Speicher vergangener Kontexte als auch als Projektionsflächen gegenwärtiger gesellschaftlicher Gegebenheiten. Darüber hinaus umfasst sein Œuvre auch digitale Collagen. Inhaltlich setzt er sich mit Fragen des Konsums, der medialen Manipulation und gesellschaftlicher Machtverhältnisse auseinander. In diesem Kontext werden die Grenzen zwischen Wert und Abfall, Information und Illusion, Oberfläche und Substanz ganz bewusst durchlässig gemacht. Seine Arbeiten evozieren damit eine doppelte Irritation: Sie spielen mit der Materialität der Dinge und entlarven zugleich deren ideologische Aufladung. Was auf den ersten Blick wie gestische Abstraktion wirkt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als komplexes Zusammenspiel medialer und diskursiver Schichten.

Im Zentrum seiner Arbeiten steht die Instabilität von Wissen und der Dekonstruktion objektiver Wahrheitsansprüche im digitalen Zeitalter. Materialien wie Zeitungen, Festplatten oder digitale Fragmente fungieren nicht allein als Träger von Information, sondern als ästhetische Metaphern für deren Zerfall und Kontextverlust. Meschnigs farbenstarke Werke sind keine Abbilder von Wirklichkeit, sondern kartografieren ein Terrain, auf dem sich Wissen auflöst, Meinung sedimentiert und Medien oder Politik Macht ausüben. Die Fragmentierung, Überlagerung und Neukontextualisierung von Fundmaterial dienen dabei der sichtbaren Verhandlung gesellschaftlicher Diskurse, in denen sich Wissen zunehmend als fluide, situativ und ideologisch aufgeladen erweist. Die Philosophie dient ihm dabei nicht als theoretischer Überbau, sondern als Werkzeug, Begriffe zu hinterfragen und Narrative zu dekodieren. Der Rückgriff auf Denkfiguren von Nietzsche bis Deleuze ermöglicht es, historische Begriffssysteme kritisch zu befragen und in gegenwärtige Konstellationen zu überführen.

Meschnigs Arbeiten veranschaulichen somit nicht nur medienästhetische Prozesse, sondern lassen sich als visuelle Epistemologien oder künstlerische Modelle zur Verhandlung von Wahrheit, Bedeutung und Diskursmacht im 21. Jahrhundert lesen. Das Ziel von Meschnigs Arbeit ist es, ein Bewusstsein für gesellschaftliche Umbrüche, ökologische Krisen und die schleichende Erosion demokratischer Strukturen zu schärfen. In einer Gegenwart, die zunehmend von kollektivem Schweigen und apathischer Gleichgültigkeit geprägt ist, versteht er seine Kunst als dringlichen Weckruf. Sie soll nicht beruhigen, sondern verunsichern, irritieren und den Blick hin zu den blinden Flecken unserer Zeit verschieben. Meschnig zielt darauf, die Betrachter:innen aus der Komfortzone des konsumistischen Alltags herauszulösen und sie zu einer aktiven Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt zu bewegen. Er fordert zum Denken, Zweifeln und Hinterfragen auf – einer Praxis, die im Zeitalter des „Anything goes“ an Dringlichkeit kaum zu überbieten ist.

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